Die „moderaten“ Rebellen der Jaish al Fath (Army of Conquest) in Nordsyrien?

Was soll eigentliche dieser ganze Unsinn um angeblich „moderate Rebellen“ in Syrien?

– 80% dieser „moderaten Rebellen“ tragen Bärte, die man zurecht und eindeutig mit Salafisten assoziiert
– Ihre ganzen Battaillone haben eindeutig islami(sti)sche Namen
– Sie beleidigen ihre Gegner (Syrische Armee, Hizbollah) mit religiösen Diffamierungen (Ungläubige, Apostate…)

Wer sollen denn diese „moderaten“ sein?
Die in Idlib kämpfende grösste und stärkste Rebellen-Dachorganisation ist „Jaish al Fath“ (bedeutet „Armee der Eroberung“ und das Wort „Fath“ ist eine „Hommage“ auf die frühislamischen Eroberungszüge der Muslime gegen die römischen Christen) beinhaltet als grösste Untergruppierungen zwei Gruppen, die als salafistisch und lokale „Ableger“ der Al Qaida gelten:
– Nusra Front
– Ahrar al Sham

Auch ein weiteres Mitglied, die „Jund al Aqsa“ gilt als Al Qaeda nah:
https://en.wikipedia.org/wiki/Army_of_Conquest

„The Long War Journal has previously identified Jund al Aqsa as an al Qaeda front, based on the biographies of its leadership, the group’s propaganda, and its close working relationship with the Al Nusrah Front, al Qaeda’s official branch in Syria. “
http://www.longwarjournal.org/archives/2015/05/another-al-qaeda-veteran-reportedly-killed-while-leading-jund-al-aqsa-in-syria.php#comment-73661

Weitere Mitglieder der Jaish al Fath sind tschetschenische, uighurische, türkische, uzbekische und marrokanische Verbände, die Selbstmordattentäter und Kindersoldaten einsetzen:
http://www.longwarjournal.org/archives/2015/09/saudi-al-qaeda-cleric-showcases-training-camp-for-children-in-syria.php

http://www.longwarjournal.org/archives/2015/09/uzbek-group-pledges-allegiance-to-al-nusrah-front.php

Die Russen bombardieren hauptsächlich die Jaish al Fath, aber was soll denn an ihr „moderat“ sein?

„The Turkistan Islamic Party (TIP), an Uighur jihadist group that is affiliated with al Qaeda and operates in Central and South Asia, has published photos showing its fighters engaging in combat with Syrian government forces in Hama and Latakia provinces. “
http://www.longwarjournal.org/archives/2015/10/turkistan-islamic-party-shows-fighters-on-frontlines-in-northwestern-syria.php

Der Fleischwolf

Was macht man mit unterbeschäftigten islamistischen Milizionären? Man schickt sie auf immer weitere Missionen.

In September 2011 sah ich bei einer Reportage über eine siegreiche Schlacht libyscher Rebellen gegen Gaddafis Truppen auf der Rückseite des Khakihemdes eines der Kämpfer die handgeschriebene Ankündigung: „Syria, we are coming“. Libyen war noch gar nicht „befreit“, Gaddafi noch nicht verstümmelt, und schon verkündete „man“ das nächste Betätigungsfeld: Syrien.

Zehntausende in aller Regel wenig gebildete und aus der Unterschicht stammende, teilweise bereits radikalislamisierte, teilweise für radikale Ideen und Verschwörungstheorien empfängliche Männer wurden massiv mit saudischen und katarischen Geldern und Waffen versorgt, um Gaddafi zu stürzen. Nachdem Natos Bombenkampagne den Hauptanteil am Sieg dieser Rebellen gesichert hatte konnte das neue, „befreite“ Libyen sich nicht leisten, dass Heerscharen bewaffneter und selbstbewusster Milizionäre ohne Disziplin und zentrale Kommandostrukturen, und vor allem ohne Gewaltausübungshemmungen im Land herumlaufen und die neue vom Westen installierte und hofierte Regierung in Bedrängnis bringen.
Ergo mussten diese Kräfte beschäftigt und ihre Waffen und Munition verbraucht und verschlissen werden. Als Motivation musste man Panarabismus mit sunnitischem Brüderlichkeitsbewusstsein in Verbindung bringen. Also erfand und nährte man die Mär vom bösen alawitischem „Minderheitsdiktator“, der die Mehrheit der guten Sunniten-Muslime aus religiösen Gründen bekämpfe. Beharrlich wurde in den Massenmedien, speziell den vielgesehenen Satellitensendern der arabischen Welt immer wieder das Märchen wiederholt, in Syrien wäre die Mehrheit der Sunniten in wichtigen Regierungsämtern sowie in den Streitkräften und den Sicherheitsdiensten quasi nicht präsent.
(Siehe hier starke Anhaltspunkte für das Gegenteil: https://radioyaran.wordpress.com/2012/12/23/desertieren-sunniten-der-regierung-und-armee-assads/)
Die Idee hinter diesem Lügenkonstrukt war, antischiitische Gefühle speziell bei der weniger gebildeten und oft arbeitslosen sunnitischen Landbevölkerung anzustacheln und das falsche Unrechtsempfinden zu generieren, das auf eine angebliche systematische Unterdrückung der sunnitischen „Brüder“ in Syrien basieren würde.

In der Folge strömten und strömen Tausende salafistisch- oder sonstwie „radikalsunnitisch“ geprägte Jihadisten aus Ländern wie Tschetschenien, Libyen, Saudi Arabien, Irak, Libanon, Jordanien…nach Syrien um am „Jihad“ gegen das „ungläubige“ Regime Assads teilzunehmen.

Für die die Rebellen euphorisch mit „Ideologie“, Geld, Logistik und Waffen unterstützenden Golfmonarchien Saudi Arabien, Katar oder auch Kuwait hat die Heimsuchung Syriens durch die jihadistische Internationale neben der Schwächung des schiitischen Erzfeindes Iran im Fernkrieg einen weiteren Vorteil: Man hat die eigenen „Wahnsinnigen“ von der korrupten eigenen Herrschaft abgelenkt. Die Jihadisten werden am Ende Assad womöglich stürzen, werden aber auch Zehntausende ihrer erfahrensten Kämpfer verlieren. Sollte nach dem regime change in Syrien noch genügend potentielle Jihadenergie vorhanden sein, lässt sich leicht der Bedarf nach Befreiung der sunnitischen Brüder in Libanon, welche angeblich unter der Hisbollah leiden herbeiphantasieren. Alternativ könnte man sich auch gen Südwesten wenden und die wohl ebenso als „häretisch“ oder „gottlos“ zu deklarierende Regierung des Schiiten Al-Maliki beseitigen wollen. Schon heute nennen syrische Rebellen getötete Regimesoldaten öfters „Majjous“, eine abfällige Bezeichung für die (vorislamischen) Iraner.

Syrien heute, sowie Libanon und/oder Irak morgen werden also den Fleischwolf zu Gast haben, in dem nicht-sunnitische Milizen/Regierungen und salafistische Kämpfer sich gegenseitig aufreiben.

Jihadisten-Recyclinganlage Syrien

Es scheint, dass mit dem Segen und der logistischen Hilfe einiger Natostaaten und speziell über die türkische Grenze gezielt und massiv salafistisch geprägte Jihadisten aller Länder, mehrheitlich natürlich Araber, nach Syrien gebracht werden, um gegen das syrische Regime zu kämpfen.
Die sowohl zahlen- als auch bedeutungsmässige Rollensteigerung radikaler Gruppen wie die Al-Nusra Front im syrischen Konflikt ist besorgniserregend und wirft wesentliche Fragen auf:
a) Warum ist eine angeblich volksmehrheitliche Revolution in einem Land mit 22 Mio. Einwohnern dermassen auf kräftige militärische (und teilweise eindeutig terroristische) Schützenhilfe durch unübersehbar religiös motivierte Nichtsyrer angewiesen?
b) Werden die (angeblich oder tatsächlich) friedlich und unbewaffnet für Reformen und Freiheiten demonstrierenden oppositionellen Syrer tatsächlich durch ein Gremium „legitim“ repräsentiert, dessen militärischer Arm seine grössten Erfolge der letzten Monate durch jene jihadistischen Gruppierungen erzielt hat, die sich beim Enthaupten, Foltern und Massenexekutieren wehrloser Gefangener filmen?

Wenn man hört, dass sich Gruppierungen wie die genannte angeblich 10.000 Mann starke Nusra Front oder die „Ahrar al Sham“ inzwischen auch mit kurdischen Milizen bekriegen, könnte der Eindruck entstehen, die Importierung solcher Fundamentalisten nach Syrien diene auch weiteren Zwecken. Möglich wäre:
– Türkisches Motiv: Die PKK soll geschwächt werden, indem ihre Kräfte zur Verteidigung ihres eigenen Reviers im Norden Syriens gebündelt werden und sie in einen ethnischen Konflikt Araber vs. Kurden eingezogen wird
– (Primär) amerikanisches Motiv: Jihadisten-Recycling. Vor allem libysche Jihadisten sollen ihre Waffen und ihre religiös getriebene Kampfkraft in Syrien verausgaben, anstatt sie im vermeintlichen „Nato-Erfolgsland“ Libyen ihr Unwesen treiben

Die mittel- und langfristigen Ziele sind folgende:
– Die immer mehr auf den Geschmack kommenden primär libyschen Jihadsöldner sollen als weitere Aufgabe in Libanon mitmischen und die Hisbollah schwächen.  Ihr salafistisches menschenverachtendes Herrenrassendenken verleiht diesen Jihadisten mehr als genug Motivation, die „schiitischen Ungläubigen“ (die in der wahhabitisch-salafistischen Weltanschauung ohnehin „schlimmer als Juden und Christen“ sind) zu bekämpfen.
– Bei Bedarf (so etwa wenn ein Nuri al Maliki auf die Idee kommen sollte sich noch mehr Richtung Iran und Russland zu öffnen und seine Waffen primär bei Russland anstelle der USA zu kaufen) kann man die Jihadisten verstärkt gegen die Schiitenregierung Iraks hetzen.